Im Gespräch mit Stefanie Lenz, Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen
2022 war kein Jahr wie jedes andere. Gründe für ein Engagement gab es vielleicht so viele wie nie zuvor. Einfacher haben es die Folgen des Ukrainekrieges aber nicht gemacht. Wir haben mit Stefanie Lenz, Referentin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (Lagfa Brandenburg), gesprochen und sie gefragt: Was hat das Engagementjahr 2022 gebracht?
Frau Lenz, als Referentin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Brandenburg sind Sie nah an Engagierten und Menschen, die sich engagieren wollen. Wie hat sich das Engagement in diesem Jahr entwickelt?
Nach den zwei intensiven Corona-Jahren, bei denen das Engagement stark unter den Einschränkungen gelitten hatte, war dieses Jahr wieder mehr möglich, aber leider auch nötig. Durch den Angriff auf die Ukraine sind viele Menschen in Not geraten und die Bevölkerung in Brandenburg hat Außergewöhnliches geleistet, um diese Not ein bisschen zu lindern.
Viele Familien haben geflüchtete Frauen und Kinder bei sich aufgenommen und versorgt – nicht immer eine einfache Aufgabe, fremde Menschen in sein Heim zu lassen. Viele sind selbständig an die Grenzen gefahren, um Spenden zu verteilen und Menschen von dort in Sicherheit zu bringen. Auch heute engagieren sich noch viele für die Aufrechterhaltung der Versorgung in der Ukraine und bei der Integration der Geflüchteten mit Sprachcafés und Freizeitangeboten.
Wir sehen auch, dass viele der Engagements, die vor der Pandemie stattfanden, wieder aufgegriffen wurden oder sich neu aufstellen. Gerade Angebote mit Senioren, wie PC-Clubs oder Handarbeitszirkel, Bastelnachmittage oder Mittagstische, blühen – teils aufgrund der Pflege vor Ort Initiativen – spürbar auf.
Der Bedarf nach Ehrenamtlichen steigt allerorts, allerdings wächst die Zahl der Ehrenamtlichen nicht gleichermaßen mit.
Welche Rolle spielen die Freiwilligenagenturen bei der Stärkung des Engagements in Brandenburg und was waren besondere Herausforderungen in diesem Jahr?
Freiwilligenagenturen beraten und vermitteln Menschen vor Ort, die sich gerne engagieren möchten. Damit sorgen sie dafür, dass der Zugang zu Engagement niedrigschwelliger wird. Sie bemühen sich um Inklusion und Integration, damit Engagement für alle Menschen möglich wird.
Auch Vereine, Initiativen und Organisationen, die Ehrenamtliche suchen, können sich an die Freiwilligenagenturen wenden. Sie bekommen Beratung zu Themen wie Anerkennungskultur, Fördermittel oder in Versicherungsfragen.
Die Freiwilligenagenturen der Lagfa sind in ihrer Region sehr gut vernetzt und können so Türöffner für Projekte und Ideen, Advokaten für die Belange der Engagierten und Wirkstätten für lebendige Demokratie sein.
Das Thema einer ausreichenden Finanzierung begleitet die Agenturen jedes Jahr, weil wir wissen, wie wichtig hauptamtlich Mitarbeitende für gute Rahmenbedingungen im Engagement sind. Die gestiegenen Kosten setzen auch die Freiwilligenagenturen zusätzlich unter Druck.
Gleichzeitig wachsen die Erwartungen an das, was Engagement leisten soll. Wir müssen das bürgerschaftliche Engagement hier auch beschützen.
Die Lagfa war in diesem Jahr Jury-Mitglied beim Ideenwettbewerb des Ministerpräsidenten „Zukunft Ehrenamt“. Was bringt die Zukunft fürs Ehrenamt in Brandenburg und wie optimistisch schauen Sie in das neue Jahr?
Diese Auszeichnungen sind immer eine tolle Gelegenheit, neue Ideen kennenzulernen. Man kann über die Vielfalt nur staunen und wir wünschen uns viele weitere Ideen! Allerdings braucht es nicht immer Innovationen, um etwas Wertvolles in der Gemeinschaft zu schaffen. Auch bewährte Formen des Engagements haben einen wichtigen Platz in der Engagementlandschaft.
Brandenburg hat für das Ehrenamt im nächsten Jahr viel vor: das Landesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement greift die Arbeit wieder aktiv auf, der Ideenwettbewerb des Ministerpräsidenten wird fortgesetzt und wir werden mit der Lagfa eine landesweite Freiwilligendatenbank mit vielen Informationen für Ehrenamtliche, Organisationen und Verwaltungen umsetzen. Darauf freuen wir uns sehr!
Ich muss gestehen, ich tue mich mit dem Optimismus nach den letzten Jahren etwas schwer. Allerdings habe ich auch gesehen, was engagierte Menschen gemeinsam bewegen können. Wir haben die dankbare Aufgabe, sie dabei begleiten zu dürfen. Wir sind damit immer ganz nah am Guten dran und dafür bedanken wir uns bei allen Engagierten.