Ministerpräsident Dietmar Woidke hat in Potsdam heute 15 Bürgerinnen und Bürgern den Verdienstorden des Landes Brandenburg verliehen. Die Frauen und Männer wurden für außerordentliche Verdienste um das Land Brandenburg und seine Bevölkerung geehrt. Der Orden wird seit 2005 anlässlich des Brandenburger Verfassungstages überreicht.
Bei der Zeremonie betonte Woidke: „Der Tag der Landesverfassung am 14. Juni ist auch eine Mahnung, unsere Demokratie zu stärken und hart erkämpfte Werte wie Meinungsfreiheit, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen. Die Ordensträger sind sich des herausragenden Stellenwerts unseres demokratischen Rechtsstaats sehr bewusst. Mit ihrem Engagement machen sie auch Front gegen die Stimmungsmache, die Populisten und rechte Rattenfänger verbreiten. Sie mischen sich zum Wohle ihrer Mitmenschen ein und geben positive Anstöße. Ich bin beeindruckt, wie sich die Ordensträger mit ihren Fähigkeiten, Talenten und beruflichen Möglichkeiten einbringen.“
Woidke weiter: „Aufgrund ihres jahre- und jahrzehntelangen ehrenamtlichen und beruflichen Wirkens wissen sie dabei genau, dass es fast immer eines langen Atems bedarf, um Gutes zu erreichen. Schnelle Antworten auf komplizierte Zusammenhänge, die heute so populär sind und so verhängnisvolle Wirkung haben, sind unseren Ordensträgerinnen und -trägern fremd. Jede und jeder einzelne von ihnen fördert tragfähige, nachhaltige Entwicklungen und Projekte. Es sind Menschen mit Überzeugung und Durchhaltevermögen.“
Geehrt wurden in diesem Jahr:
Die gebürtige Londonerin Nicola Galliner, deren Eltern während der Nazi-Herrschaft aus Deutschland flüchten mussten, ist eine unermüdliche Botschafterin jüdischen Lebens in Berlin und Brandenburg. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass die jüdische Kultur in der Region wieder verstärkt sichtbar und erlebbar ist. Fast 20 Jahre lang prägte sie die Arbeit der Jüdischen Volkshochschule in Berlin. 1995 gründete sie das Jüdische Filmfestival, das sich unter ihrer Leitung zur wichtigsten Veranstaltung dieser Art im deutschsprachigen Raum entwickelte.
Hendrik Hecht ist ein erfolgreicher und heimatverbundener Unternehmer. Er leitet in Heiligengrabe als Geschäftsführer die Swiss Krono GbmH mit über 700 Mitarbeitern und rund 40 Auszubildenden. Der Grobspanplattenhersteller gehört zu den größten Arbeitgebern der Region. Hecht kümmert sich um die Nachwuchsförderung sowie soziale Belange der Mitarbeiter. Er ist Initiator der Kampagne „Willkommen mittendrin“, einer Plattform für Rückkehrwillige und Zuwanderer. Zudem entwickelte er ein firmeneigenes Sponsoring-Konzept, das unter anderem dem Klosterstift zum Heiligen Grabe, aber auch der Freiwilligen Feuerwehr und lokalen Initiativen zugutekommt.
Kara Huber-Kaldrack ist ein Schutzengel der Brandenburger Dorfkirchen. 1996 gehörte sie zu den Mitinitiatorinnen des „Dorfkirchensommers“, durch den die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf die sakralen Kleinode gelenkt wurde. Mittlerweile laden 250 Veranstaltungen dazu ein, die Dorfkirchen als Orte des Glaubens, aber auch der Kultur und der Begegnung wahrzunehmen. Zudem bemühen sich etwa 300 Fördervereine darum, die Kirchen zu Orten für alle zu gestalten und damit nicht zuletzt auch dem demografischen Wandel zu trotzen. Huber-Kaldrack unterstützt mehrere dieser Vereine, ist Mitglied des Förderkreises „Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.“, arbeitet als Schirmherrin und wirbt Spenden ein. Viel Zeit und Kraft investiert sie in das Projekt „Känguru – hilft und begleitet“, das junge Familien mit kleinen Kindern unterstützt.
Edelbert Jakubik ist ein Urgestein aus dem Spreewald und Naturschützer par excellence. Seit Jahrzehnten arbeitet er im Landesanglerverband ehrenamtlich in leitenden Funktionen und kümmert sich nicht nur um Petrijünger, sondern auch um den Erhalt und die Pflege von Gewässern. Sein ausgeprägtes Naturverständnis und seine fachliche Kompetenz machen ihn zu einem gefragten Gesprächspartner. Er arbeitet aktiv mit an der Entwicklung des Biosphärenreservates „Spreewald“ und ist eine unverzichtbare Stimme im Aktionsbündnis „Klare Spree“. Sein Fachwissen ist bei den Planungen für den Cottbuser Ostsee gefragt. Ein Herzensanliegen ist ihm die Entwicklung des Naturparks Lieberoser Heide.
Dagmar von Kleist ist in ihrer Heimatgemeinde Falkensee eine unermüdliche Anwältin für die Interessen älterer Menschen. Seit Jahren engagiert sich die pensionierte Ärztin in der Arbeitsgemeinschaft „Wohnen im Alter“, die sich für die Verbesserung der Lebenssituation von Älteren und Menschen mit Behinderungen einsetzt. Hierzu bietet sie regelmäßig Sprechstunden und Beratungen an. Ihr Fachwissen floss in das mittlerweile planungstechnisch weit fortgeschrittene Projekt einer barrierefreien, gemeinschaftsorientierten und generationsübergreifenden Wohnsiedlung nach skandinavischem Vorbild ein. Sie lotet zudem die Chancen für ein Demenzdorf im Havelland aus und organisiert in Kooperation mit dem Jugendforum Falkensee Veranstaltungen zum Thema Toleranz.
Heinz Klevenow ist ein Theatermann mit Leib und Seele. Für die neue Bühne Senftenberg war seine künstlerische Arbeit geradezu prägend. Dort war er nicht nur Schauspieler. Als Intendant, Regisseur und Leiter der Umbaumaßnahmen steuerte er das Theater klug und mit sicherem Gespür durch die künstlerischen, betriebswirtschaftlichen und politischen Turbulenzen der Nachwendezeit. Auf eindrucksvolle, hochgelobte Weise gelang ihm die Jahre hindurch bis zu seinem Abschied 2004 eine Spielplangestaltung, die dem Publikum entgegenkam und es zugleich forderte. 2001 wurde sein Auf- und Ausbauwerk mit der Eröffnung des Amphitheaters gekrönt.
Prof. Dr. Günter Morsch. Der Historiker und langjährige Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat die deutsche Erinnerungskultur maßgeblich geprägt. In der Gedenkstätte Sachsenhausen gelang unter seiner jahrzehntelangen Leitung die auch international hoch gelobte Neukonzeption der Ausstellungen. Mit der Neugestaltung des Gedenkortes „Station Z“, der Würdigung des zu DDR-Zeiten tabuisierten sowjetischen Straflagers und den „Täter-Ausstellungen“ präsentiert sich Sachsenhausen heute als Gedenk-, aber auch als hervorragender Lernort, der jährlich über 700 000 Besucher aus dem In- und Ausland zählt. Eine Herzensangelegenheit war Morsch immer der enge Kontakt zu Überlebenden der Konzentrationslager und deren Familien.
Ulrike Poppe ist eine streitbare Kämpferin für Menschenrechte und Demokratie. Die einstige Bürgerrechtlerin engagierte sich auch nach der Einheit für diese Werte. Ab 2009 war sie die Idealbesetzung für das Amt der ersten Beauftragten des Landes zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur. Poppe hat dieses Amt geprägt. Sie brachte die Debatte über die DDR-Geschichte in Brandenburg entscheidend voran, knüpfte tragfähige Netzwerke und stand Opfern der SED-Diktatur – insbesondere auch ehemaligen Heimkindern – einfühlsam zur Seite. Beim Thema Aufarbeitung forderte sie immer die Beachtung des Einzelfalls. Ihre Arbeit hat ihr bundesweit über alle Parteigrenzen hinweg hohe Anerkennung zu Teil werden lassen.
Monika Roth. Die Stadtverordnete aus Müncheberg ist eine Volksvertreterin im wörtlichen Sinne. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich mit Leidenschaft und viel Zeitaufwand für ihre Mitbürger. Als Mitglied des Seniorenbeirates nimmt sie an Veranstaltungen teil und organisiert Treffen, so mit Seniorengruppen in der polnischen Partnerstadt Witnica. Im Sinne des grenzüberschreitenden Austauschs hält sie Kontakt zum Bildungs- und Begegnungszentrum Trebnitz e.V. Engagiert vertritt sie die Stadt in der Betreibergesellschaft der wiedererrichteten Stadtpfarrkirche Müncheberg. Dort übernimmt umsorgt sie Gäste und bietet Führungen an. Die Arbeit als Wahlhelferin ist für sie ebenso selbstverständlich wie ihr Engagement im Willkommenskreis für Geflüchtete.
Sven Seeger ist der märkische „Father of HipHop“. Der Potsdamer ist nicht nur ein begnadeter Tänzer, der mehrere Weltmeister- und Vizeweltmeistertitel errungen hat, er ist auch in Sachen Integration Vorreiter. 2009 gründete er mit seinem Freundeskreis den HipHop-Verein „RokkaZ“. In verschiedenen Gruppen tanzen Jugendliche aus 14 Nationen, dafür gab es 2011 den Integrationspreis der Landeshauptstadt Potsdam. Die Qualität der Darbietungen überzeugte auch viele andere Jurys: 2010 und 2017 erhielt RokkaZ e.V. den bronzenen Stern des Deutschen Olympischen Sportbundes. Der Märkische Turnerbund zeichnete die HipHopper 2016 und 2017 als Team des Jahres aus. Längst werden die RokkaZ auch für Großveranstaltungen wie die Eröffnung der Frauen Fußball WM gebucht.
Jens Serbser. Der Potsdamer ist ein Lebensretter im wahrsten Sinne des Wortes. Seit nunmehr 27 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich im Landesverband der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), seit 2004 ist er im Vorstand für den Bereich „Technischer Einsatz“ zuständig und ist zudem Referatsleiter des Wasserrettungsdienstes. Im Wasserparadies Brandenburg verlangen diese Aufgaben ein Höchstmaß an Einsatzbereitschaft. Als Technischer Leiter ist er für den DLRG-Katastrophenschutz verantwortlich. Bei allen Hochwassern – insbesondere in den Jahren 2002 und 2013 – nahm er aufopferungsvoll an den Rettungseinsätzen teil und war an der Koordinierung des Einsatzgeschehens beteiligt. Besonders am Herzen liegt ihm die Ausbildung der künftigen Helfer im Katastrophenschutz.
Heinz Dieter Strüwing hat Pionierarbeit bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft geleistet. Sein Lebenswerk ist die 1991 gegründete Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Selbsthilfe. Als Betroffener weiß der Schwedter um die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap und hilft, Barrieren abzubauen, die die Teilhabe am öffentlichen Leben erschweren. Der LAG als Dachorganisation gehören mittlerweile 18 Selbsthilfeverbände von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung sowie deren Angehörigen an. Ergänzend zur LAG Selbsthilfe rief der Schwedter vor 20 Jahren in seiner Heimatstadt das Kommunikationszentrum KOMM als Treffpunkt für Selbsthilfegruppen ins Leben. Zudem engagiert er sich seit 2014 für den Brandenburger Inklusionspreis.
Heinrich Thiermann ist als erfolgreicher Landwirt vorbildlicher Förderer des gesellschaftlichen Lebens im Havelland. Mit Leidenschaft, Fachwissen und viel Liebe zum Detail machte er als Pächter das Domstiftsgut Mötzow zu einem prosperierenden Wirtschaftsunternehmen. Besuchern werden neben landwirtschaftlichen Erzeugnissen und gastronomischen Genüssen auch Einblicke in das Leben und Wirtschaften auf einem großen Bauernhof geboten. Dieses Konzept erweist sich als Gewinn für die Region insgesamt. Denn Thiermann engagiert sich weit über die Grenzen seines Anwesens hinaus als großzügiger Förderer von Kulturereignissen, Kinder- und Jugendveranstaltungen bis hin zu Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau von Radwegen.
Katrin Wagner-Augustin ist eine Kanutin der Extraklasse, die zu den 100 erfolgreichsten Olympiastartern aller Zeiten gehört. Zwischen 2000 und 2012 gewann die Sportlerin aus dem Potsdamer Luftschiffhafen bei vier Olympischen Spielen vier Gold-, eine Silber und eine Bronzemedaille. Von Welt- und Europameisterschaften brachte sie ebenfalls Edelmetall nach Hause und wurde so überall in der Welt zu einer exzellenten Botschafterin des Landes. Seit 2017 kümmert sich die Sportsoldatin bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr um den Nachwuchs und gibt ihren reichen Erfahrungsschatz an Paddeltalente weiter. Darüber hinaus engagiert sie sich ehrenamtlich für Veranstaltungen im Kanubereich.
Bei der Feierstunde in Potsdam wurde der Verdienstorden auch dem langjährigen Betriebsratschef von Bombardier Hennigsdorf, Michael Wobst, verliehen. Da er verhindert war, wird ihm der Orden zu einem späteren Zeitpunkt überreicht.
Bereits Anfang Mai hatte Woidke bei seinem Israel-Besuch den drei Holocaust-Überlebenden Zwi Steinitz, Emmie Arbel und Michael Goldmann-Gilead den Orden ausgehändigt. Woidke sagte während der Potsdamer Feierstunde: „Diese Ehrung ist ein Zeichen der Dankbarkeit für die Geschenke, die sie uns gemacht haben: Ihre Bereitschaft zur Versöhnung, die Anstrengung und Last des sich aktiv Erinnerns und das Bemühen um die Stärkung der deutsch-israelischen Freundschaft.“