Anlässlich des Brandenburger Verfassungstages haben am Donnerstag besonders engagierte Bürgerinnen und Bürger aus den Händen von Ministerpräsident Dietmar Woidke den Verdienstorden des Landes erhalten. Er betonte bei der Zeremonie in der Potsdamer Staatskanzlei: „Es ist mir eine große Ehre, Bürgerinnen und Bürger auszeichnen zu dürfen, die mit ihrer engagierten Arbeit, ihrem ehrenamtlichen Wirken und ihrer aufrechten Haltung unser demokratisches Gemeinwesen stärken.“
Woidke: „Die Ehrung spiegelt auf beeindruckende Weise wider, wie viel Talent und Professionalität in Brandenburg leben, aber auch wie ausgeprägt die Anteilnahme am Schicksal hilfsbedürftiger oder notleidender Menschen in unserer Gesellschaft ist. Von Sport über Wirtschaft und Kultur bis hin zu Kirche, Umwelt und Bildung – es handelt sich um ein breites Spektrum guter Taten, für das ich heute engagierten Bürgerinnen und Bürger Dank und Anerkennung ausspreche.“
Insgesamt wurden in diesem Jahr 15 Brandenburgerinnen und Brandenburger geehrt:
Wolf Bauer. Der gebürtige Stuttgarter ist ein Medienmacher aus Leib und Seele, der sich der Medienstadt Babelsberg verschrieben hat. Er hat den Potsdamer Film- und Fernsehstandort durch sein jahrzehntelanges wirtschaftliches und filmkulturelles Wirken geprägt. Seit 1991 Vorsitzender der Geschäftsführung der UFA, trieb er den Umzug des Unternehmens nach Potsdam voran und gründete in Babelsberg weitere Unternehmen wie teamWorx und UFA Cinema. Heute ist die UFA-Gruppe mit mehr als 300 Mitarbeitern das größte Medienunternehmen in Potsdam. Der Kunsthistoriker und Publizist machte sich nicht nur „nebenbei“ auch als großer Förderer des Filmnachwuchses einen Namen und engagierte sich unter anderem an der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“.
Karin Genrich. Sie ist die Grand Dame des Potsdamer Modehandels. Vor 30 Jahren, also noch zu DDR-Zeiten, gründete sie das erste private Modegeschäft in Potsdam und hob den ersten freien Handelsverband auf dem Gebiet des heutigen Brandenburg mit aus der Taufe. Es folgte eine beispiellose Karriere. Von 2005 bis 2016 prägte Genrich als Präsidentin den gemeinsamen Handelsverband Berlin-Brandenburg und setzte dabei deutliche soziale und gesellschaftliche Akzente über ihren Job hinaus. Sie war Gründungsmitglied des Frauennetzwerkes Potsdam und Förderin des Frauenhauses in der Landeshauptstadt. Und sie machte sich im Verband für die Ehrenamtskarte des Landes stark, mit der engagierte Freiwillige Vergünstigungen bei Partnern in Brandenburg und Berlin erhalten. Frau Genrich konnte kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen ihre Ehrung nicht persönlich entgegen nehmen.
Frances Herrmann. Die Cottbuserin ist eine außergewöhnliche Sportlerin. Sie entdeckte trotz einer angeborenen Gehbehinderung als 14-Jährige ihre Begeisterung für die Leichtathletik. 2006 erhielt sie als erste behinderte Sportlerin die Zulassung zur renommierten Lausitzer Sportschule. Mit unbändigem Trainingsfleiß qualifizierte sie sich nur zwei Jahre später erstmals für die Paralympics. Aus Peking kehrte sie mit Silber im Diskuswurf zurück. In London 2012 und Rio de Janeiro 2016 folgten Top-Ten-Ergebnisse, darunter Rang drei mit dem Speer und Platz sechs mit der Kugel. Herrmann ist eine herausragende Repräsentantin des Brandenburger Sports, Sozialarbeiterin in Cottbus und dazu ehrenamtlich engagiert, etwa als Jugendwärterin des Behinderten-Sportverbandes Brandenburg.
Heiko Höft. Ein Brandenburger mit unternehmerischem Geschick und ausgeprägtem Gemeinsinn. Seine noch vor der Wiedervereinigung gegründete Heiko Höft Tischlerei & Transporte GmbH in Kremmen ist eines der erfolgreichsten mittelständischen Unternehmen im Landkreis Oberhavel und beschäftigt heute rund 220 Mitarbeiter. Vor allem aber ist Höft in der Region als Feuerwehrmann bekannt. Seit fast vier Jahrzehnten engagiert er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr, rückt bei Bränden aus, gibt Schulungen für den Feuerwehrnachwuchs und sponsert großzügig neue Technik wie Einsatz- und Rüstwagen. Wenn es in Kremmen brennt, rücken neben Höft auch regelmäßig fünf seiner Mitarbeiter aus, die er für den Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr freistellt.
Günter Kappler. Ein Mann mit Pioniergeist, Tatkraft und Zuversicht. Er prägte die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs nach der Wiedervereinigung mit. Früh erkannte er das Potenzial des Standortes Dahlewitz und trieb dort als Geschäftsführer der BMW Rolls-Royce-AeroEngines GmbH die Triebwerksentwicklung voran. Zugleich brachte sich Günter Kappler als Wissenschaftler der Luft- und Raumfahrttechnik ein. Brandenburg insgesamt profitiert von seiner Leidenschaft für Lehre und Forschung. Als Mitglied im Landeshochschulrat verlieh er der Wissenschaft im jungen Brandenburg wichtige Impulse. Zudem war er in Beiräten und Fachausschüssen ehrenamtlich aktiv. Bis heute unterstützt der gebürtige Rumäne Bildungsprojekte in Timișoara (Temeswar), um jungen Menschen die Chance auf Bildung zu ermöglichen.
Jochen Kowalski. Ein Weltstar mit außergewöhnlicher Stimme und Wurzeln im brandenburgischen Wachow. Der Wegbereiter des Countertenor-Gesangs in Deutschland stieg schon in den 1980er Jahren zum international gefeierten Opernsänger auf. Er begeisterte das Publikum der großen Opernhäuser wie der Metropolitan in New York. Und kehrte doch immer wieder zurück – aus Liebe zur Familie, Wertschätzung für die Komische Oper Berlin und Verbundenheit mit der märkischen Heimat. Ob im Brandenburger Dom oder der Wachower Dorfkirche, überall im Land erfreut der Kammersänger das Publikum und fördert mit seinen Auftritten den künstlerischen Nachwuchs oder wertvolle Kulturgüter. Zudem wirbt Kowalski bei jeder sich bietenden Gelegenheit für die Schönheiten der Mark. Ein von Heimatliebe beseelter Botschafter Brandenburgs.
Irmgard Schneider. Eine rastlose Kämpferin für Völkerverständigung, eine wichtige Verbündete der deutsch-polnischen Freundschaft. Seit vielen Jahren setzt sie sich in ihrer Heimatstadt Guben für das Zusammenwachsen mit dem polnischen Gubin ein. Ob es um den Ausbau der Bahnverbindungen, den Grenzschutz, die Koordination der Rettungsdienste oder die Ausweitung des Polnisch-Unterrichts an deutschen Schulen geht – Irmgard Schneider schiebt an und bringt voran. Auch im hohen Alter noch gilt sie als eine der engagiertesten Frauen in Guben/Gubin. Sie ist als Förderin der Traditionspflege, als Europäerin und nicht zuletzt als Umweltschützerin und Unterstützerin der Seniorenarbeit für viele Menschen in ihrer Region ein Vorbild.
Matthias Taatz. Ein Pfarrer mit besonderer Sensibilität, ein Urgestein der DDR-Opposition. Schon 1978 begann sein politisches Engagement im Friedenskreis Halle und am Runden Tisch in Mühlberg. Seit dem Fall der Mauer engagiert sich Taatz im Verein „Initiativgruppe Lager Mühlberg“. Die Gruppe setzt sich mit der Geschichte des NKWD-Lagers auseinander, einem der zehn Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone. Dort internierte die Rote Armee nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 21.000 Menschen. Der Initiativkreis ist die Interessenvertretung der Überlebenden. Taatz und seine Mitstreiter widmen sich mit viel Fingerspitzengefühl der historischen Aufarbeitung der Geschichte des Lagers. Ihrem Bemühen ist es zu verdanken, dass heute angemessen der Opfer gedacht werden kann.
Karl Heinz Tebel. Ein Glücksfall für Schwarzheide. Als Vorsitzender der Geschäftsführung der BASF Schwarzheide GmbH trieb Tebel von 2008 bis 2016 mit großem Engagement den Chemiestandort zum Erfolg. Heute ist der Chemiepark Schwarzheide zweitgrößter Arbeitgeber in Brandenburg. Tebel hat neben Investitionen vor allem auch die Fachkräftesicherung vorangebracht – unter anderem durch die Förderung von Schul- und Bildungsinitiativen oder hohe Ausbildungsquoten. Auch „Netzwerken“ kann Tebel, unter anderem als erster Sprecher des 2012 gegründeten Clusters Kunststoffe und Chemie mit inzwischen 620 Unternehmen. Er war Mitglied im Aufsichtsrat der ZukunftsAgentur Brandenburg und Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Nordost Chemie.
Gisela und Werner Upmeier. Ein Unternehmerpaar aus Nordrhein-Westfalen mit der Liebe zum Landleben und mit einer Vision. Ihren persönlichen Beitrag zur deutschen Wiedervereinigung leisteten sie in einem kleinen Dorf nordöstlich von Berlin, das heute überregional als „Ökodorf Brodowin“ bekannt ist. Gemeinsam mit den Bauern gründeten die Upmeiers 1991 die Ökodorf Brodowin Landwirtschafts GmbH und begannen mit dem Landbau nach den strengen Demeter-Richtlinien. Diese aufwändigste und personalintensivste Form des Bio-Landbaus sicherte mehr als 100 Arbeitsplätze. Das Ökodorf ist heute Modellregion für nachhaltige Entwicklung und wichtiger Impulsgeber für die landwirtschaftlich-ökologische Lehre und Forschung. Die Stiftung „Ökodorf Brodowin Gisela und Werner Upmeier“ unterstützt zudem Naturschutzvorhaben, regionale Vereine und soziale Projekte.
Holger Wachsmann. Ein Kämpfer für betriebliche Mitbestimmung und Werber für Demokratie. Holger Wachsmann ist Betriebsratsvorsitzender bei Arcelor Mittal Eisenhüttenstadt. Seit mehr als zwei Jahrzehnten streitet er für faire Arbeitsbedingungen. Seit vielen Jahren setzt er sich auch außerhalb des Betriebes für eine offene Gesellschaft und Gewaltlosigkeit ein. So war er 1998 einer der Erstunterzeichner der Initiative „Tolerantes Brandenburg“. Als Vertreter des Betriebsrates unterstützte er die Initiativen „Aktion Courage“ sowie „Eisenhüttenstadt – kein Platz für Rassismus“. 2004 rief Holger Wachsmann mit Gleichgesinnten die Bürgerstiftung Eisenhüttenstadt ins Leben, die jährlich bis zu 80 Projekte unterstützt. Zudem ist er in der „EKO-Stiftung Bildung Ostbrandenburg“ aktiv, die Schulprojekte gegen Fremdenfeindlichkeit fördert.
Ralph Welke. Die Beschreibungen reichen von Genie bis Guru, in jedem Fall ist er einer der weltbesten Trainer des Kanu-Rennsports. Seit 1979 arbeitet er am Leistungsstandort Potsdam, ist Bundestrainer und Mitglied des Arbeitskreises Leistungsklasse beim Deutschen Kanu-Verband. Von der Talentfindung bis zur Weltspitze verantwortet Ralph Welke den gesamten Leistungsaufbau. Er bringt dafür enorme Leidenschaft mit und steckt damit seine Schützlinge an. Diese haben bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften insgesamt 22 Mal gewonnen und damit den Ruf Brandenburgs als außergewöhnliches Sportland gefestigt. Neben der sportlichen Ausbildung legt Welke Wert auf die schulische und berufliche Entwicklung seiner Schützlinge.
Ariane Zibell. Eine Potsdamerin mit Herz. Die Zahnärztin rief im Jahr 2011 die Aktion „Gedeckter Tisch“ ins Leben. Dabei werden jedes Jahr an einem langen Wochenende Obdachlose und Hilfebedürftige in der Nikolaikirche auf dem Alten Markt betreut. Nach der Idee der süddeutschen „Vesperkirche“ bekommen sozial schwache Menschen kostenlose medizinische Betreuung, Rechts- und Sozialberatung sowie Dienstleistungen wie Haareschneiden. Zudem erhalten Bedürftige Kleidung oder Spielsachen. Mittlerweile werden bei der Aktion bis zu 4.000 Menschen von einer Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern versorgt. Der „Gedeckte Tisch“ ist ein diakonisches Großprojekt, das weit über Potsdam hinaus als beispielhaft gilt.
Sylvius Hermann Graf von Pückler. Aufgrund seiner schweren Erkrankung wurde dem inzwischen verstorbenen Pückler-Erbe der Landesorden bereits im Mai verliehen. Hermann Graf von Pückler war Brandenburg und insbesondere Park und Schloss Branitz eng verbunden. Hier war er bis 1945 aufgewachsen, hier arbeitete er nach 1990 daran, das weltberühmte Erbe seiner Vorväter in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Heute ist das einzigartige Ensemble wieder Anziehungspunkt für jährlich Tausende Besucher. Ob Forstbetrieb, Stiftung „Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz“, Branitzer Kindergarten oder Universität in Cottbus – die Liste seiner Verdienste und Ehrenämter ist lang und eindrucksvoll. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung seines Wirkens wird das Land die von ihm erhoffte Anerkennung von Schloss und Park Branitz als UNESCO-Weltkulturerbe weiter vorantreiben.
Fotos der Veranstaltung zum Download (Quellenangabe brandenburg.de)